27.02.2020

Finance Business Next

Customer Onboarding – Königsweg für Erfolg bei der digitalen Transformation

27.02.2020

Projekte zur digitalen Transformation und zu mehr Kundenorientierung sind weiterhin ein Schwerpunkt für viele Unternehmen. Die notwendige Abstimmung beider Projektziele potenziert die Anforderungen an die Realisierung und gelingt in der Praxis selten: Studien belegen, dass viele Unternehmen die digitale Transformation im Sinne der IT-Abteilungen vorantreiben, aber den Kunden dabei vergessen. Eine scheinbar erfolgreiche digitale Transformation vergrault dann Kunden und Interessenten.

Ein guter Onboarding Prozess erreicht zwei Ziele: Digitalisierung und Kundenorientierung

Auf der Suche nach konkreten Handlungsimplikationen und Leitlinien, die beide Strömungen a priori in sich vereinigen, landet man beim Customer Onboarding. Onboarding ist ein Terminus, den jeder von Flugreisen her kennt. Die HR-Abteilungen haben bereits mit sogenanntem Employee Onboarding feste Prozesse installiert, wie sie aus Bewerbern gute Mitarbeiter machen. Daran angelehnt geht es beim Customer Onboarding darum, wie man aus Interessenten gute Kunden generiert.

Gelingt es, ein gutes Customer Onboarding im Unternehmen zu etablieren, so hat man automatisch einen großen Schritt für eine gelungene digitale Transformation im Dienste des Kunden getan. Wenn dieser Zusammenhang gilt, dann hätte man mit Customer Onboarding einen konkreten Königsweg, die beiden abstrakten und vielschichtigen Phänomene Digitale Transformation und Kundenorientierung mustergültig zu verbinden.

Im Folgenden wird beschrieben, wem Customer Onboarding wirklich helfen kann und wie es beschaffen sein muss, damit es funktioniert.

Was ist Customer Onboarding?

Das Thema Onboarding ist bei Fluggesellschaften ein sehr wichtiges Thema.

„Hier ist Ihr Boarding Pass! Gehen Sie damit zum Gate XY 23“ Diesen Satz kennt wohl jeder Mensch, der schon einmal geflogen ist. Man macht sich darüber keine Gedanken, das gehört zur Routine beim Fliegen. Aber: Selbstverständlich ist das eigentlich nicht. Vielleicht erinnern Sie sich an Ihre ersten Flüge. Haben Sie sich auch gefragt, weshalb Sie jetzt noch ein weiteres „Ticket“ benötigen – schließlich sind Sie ja schon mit einem zum Flughafen gefahren. Und hat es Sie verwundert, mit der einen „Eintrittskarte“ Flugticket noch eine andere, den Boarding Pass, erwerben zu müssen?

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Bereits diese kleine Irritation demonstriert im Kern die Notwendigkeit, den Kunden jegliche Unsicherheit zu nehmen. Fluggesellschaften beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem optimalen Onboarding Prozess: Wie gestaltet man den Prozess der Kundenwerdung besonders angenehm? Dabei geht es um weit mehr als die eingangs beschriebene Notwendigkeit, zwei „Eintrittskarten“ erwerben zu müssen. Es gibt viele weitere „Störfaktoren“, die auftreten können, bis man zufrieden seine Flugreise beendet hat, wie zum Beispiel Gepäck, Gate, Wartezeiten, Zwischentransporte usw. An jeder dieser vielen Zwischenstationen droht Ärger, den praktisch jeder Reisende schon einmal erlebt hat. Daher feilen die Fluggesellschaften immer weiter an dem Onboarding Prozess.

Vom Onboarding zum Customer Onboarding

Ein Unternehmensbereich, der den Nutzen eines strukturierten Onboarding früh erkannt hat, sind die Personalabteilungen. Die Personalwirtschaft hat einen Employee Onboarding Prozess ins Leben gerufen. Hier geht es darum, aus einem Bewerber einen Mitarbeiter zu machen. Er ist heute bewährter und fester Bestandteil professionell aufgestellter Personalabteilungen.

Auch andere Branchen haben bereits diesen Prozess an die eigenen Herausforderungen angepasst. Die IT-Branche, allen voran die Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS), hatten schnell bemerkt, dass zwischen dem ersten Klick und dem Vertragsabschluss ein steiniger Weg sein kann. So wurde das „User Onboarding“ geboren.

Ist es sinnvoll, den Gedanken des Onboarding auf alle Branchen auszudehnen? Ja, denn jedes Unternehmen hat eine Website und will dort Interessenten als Kunden gewinnen. Somit lässt sich die Idee des Customer Onboarding (alternativ auch Client Onboarding) in einem Satz zusammenfassen: Es geht darum, einen Prozess zu etablieren, der Interessenten in zufriedene Kunden transformiert.

Abbildung 1: Evolution des Onboarding

Für wen ist Customer Onboarding relevant?

Schon immer relevant war Customer Onboarding für Branchen, in denen die Kette zwischen Interessent und zufriedenem Kunden zeitlich oder räumlich auseinanderfällt. Es wird ein Anrecht auf eine Leistung erworben, also eine Reise, der Besuch eines Konzerts oder eine Versicherung. Und zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort wird das Anrecht auf die Leistung eingelöst.

Um beim Alltagsfall einer Reise zu bleiben: Bis vor einigen Jahren musste ein Bahnreisender sich ein Ticket in Papierform am Schalter oder am Automaten kaufen. Dieses wurde im Zug durch einen Schaffner von Hand entwertet. Im Nahverkehr gab es dann bald automatischen Stempel am Entwerter. Die Möglichkeit der Platzreservierung machte das Reisen zwar komfortabler, aber das Onboarding komplizierter.

Heute kann das Bahnticket über ein Smartphone gekauft werden, und der QR-Code wird vom Zugbegleiter zur Entwertung abgescannt. Aber auch hier gibt es Neuerungen: Seit Mai 2018 kann der Fahrgast auf einigen Verbindungen der Deutschen Bahn beim Einsteigen sein Handy-Ticket selbst entwerten.

Es gibt also eine Vielzahl von kleinen Zwischenschritten, die darüber entscheiden, ob ein Erlebnis beim Kauf einer Leistung wie auch bei der Inanspruchnahme der gekauften Leistung vom Konsumenten positiv wahrgenommen wird. Die Betriebswirtschaft hat hierfür den Begriff der „Customer Touchpoints“ eingeführt. Viele dieser Customer Touchpoints haben Anbieter – absichtlich oder unabsichtlich – aus dem Blickfeld verloren, sobald der Konsument „unterschrieben“ hat.

Ist das Onboarding bei Bahn- oder Flugreisen noch relativ einfach, kann der Abschluss von Kredit- oder Versicherungsverträgen schnell kompliziert werden. Denn hierbei kommen, bevor der Vertrag überhaupt geschlossen wird, häufig noch andere Institutionen, etwa für einen Bonitätscheck, ins Spiel, und die regulatorischen Vorgaben, Stichwort Geldwäschegesetz, sind streng. Vielleicht ist die Komplexität des Customer Onboarding bei Banken und Versicherungen auch ein Grund dafür, dass die Digitalisierung der Geschäftsprozesse der Kundenwerdung im Vergleich zu anderen Branchen noch hinterherhinkt.

Denn für Anbieter von SaaS-Lösungen beispielsweise entwickelt sich das Customer Onboarding zu einem wichtigen Differenzierungsfaktor im harten Wettbewerb: Ein guter Service beim Onboarding lässt insbesondere bei erklärungsbedürftigen Leistungen und Produkten auf eine längerfristige Geschäftsbeziehung hoffen.

Diese positive Wirkung kann natürlich auch bei Produkten mit geringerem Erklärungsbedarf auftreten, nur eben tendenziell in abgeschwächter Form [1]. Weniger wichtig für den Customer Onboarding Prozesses ist es in diesen Fällen, ein konkretes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung direkt zu verkaufen. Vielmehr ist das Ziel, eine Beziehung oder bestenfalls sogar ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Kundenfluktuation systematisch zu senken [2] sowie die Empfehlungsrate zu steigern.

Noch effizienter mit Digital Customer Onboarding

Ein effizienter Prozess des Customer Onboarding beeinflusst letztendlich entscheidend den Gewinn eines Unternehmens und ist gerade für Finanzdienstleister auf dynamischen Märkten mit starkem Wettbewerb, hohen regulatorischen Anforderungen und Fixkosten von großer Bedeutung [3]. Bei einem durchdachten, kundenorientierten Onboarding-Programm lässt sich regelmäßig mit einem positiven Return-on-Investment (ROI) von fünf zu eins, zehn zu eins oder sogar höher rechnen [2].

Zwischenfazit: Customer Onboarding ist praktisch für jedes Unternehmen relevant. Denn der Trend, unterschiedlichste Leistungen über digitale Prozesse überall und jederzeit anbieten und verkaufen zu können, ist ungebrochen und betrifft alle Branchen. In einer digitalen Welt treffen Konsumenten ihre Kaufentscheidungen unabhängig von Öffnungs- und Beratungszeiten. Sie erwarten einen weitgehend frei konfigurierbaren Angebotsprozess, der ihren Kauf- und Finanzierungswünschen optimal gerecht wird.

Ein durchgängig digitaler Geschäftsprozess zur Kundengewinnung, auch als Customer Onboarding bezeichnet, ist daher für die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen unverzichtbar. Digitales Customer Onboarding schafft die Grundlage für neue Produkt- und Lösungsangebote durch die Automatisierung von Geschäftsprozessen.

Digitalisierung und Kundenorientierung gehen Hand in Hand, aber häufig mit Reibungsverlusten. Die Forderung, dass die digitale Transformation in den Dienst des Kunden gestellt werden muss, ist zwar nachvollziehbar, aber es gibt Studien, die genau das Gegenteil belegen, wie z. B. die Studie von Hendricks, Rost & Cie: Sie kommen zum Ergebnis, dass durch einen zu starken Fokus auf die Nutzung von IT der Blick auf die Kundenorientierung verloren geht [4].

Abbildung 2: Mehrwert von Customer Onboarding

Registrierungsprozess als erster neuralgische Punkt

Die teilweise auftretende Überschneidung zwischen Digitalisierung und Kundenorientierung wird am Customer Onboarding Prozess sichtbar. Insbesondere bei der Kundenidentifikation im allerersten Schritt: Die Digitalisierung hat natürlich dazu geführt, dass beim Erstkontakt kein persönlicher Kontakt in der realen Welt stattfindet.

Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist die Einführung des „Online Banking“ vor etwa 25 Jahren. Bis Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts ging man zur Eröffnung eines Bankkontos in eine Bankfiliale. Dort zeigte man dem Bankangestellten seinen Personalausweis, um als die Person identifiziert zu werden, die man angibt zu sein. Erst durch diesen Schritt wurde man zum Kunden.

Und dann begann der unaufhaltsame Siegeszug des Internet. Dieser flexible Kundenkanal schürte den Konsumentenwunsch, alles online und möglichst am heimischen PC zu erledigen. Wollte ein Interessent jedoch den Online Registrierungsprozess nutzen, so musste er feststellen, dass er erst eine Vielzahl von Eingaben machten musste, um dann folgende Information zu erhalten: „Wir senden Ihnen ein Formular zu, mit dem Sie bitte zu einer Postfiliale gehen.“ Die Freude darüber, sich anstellen zu müssen, um den Postangestellten sein Anliegen zu erläutern, hielt sich in Grenzen. Wäre es da nicht einfacher und schneller gewesen, doch in eine Bankfiliale zu gehen?

Der erste neuralgische Punkt im Rahmen des Customer Onboardings ist denn auch die Registrierung. Hier gehen immer noch die meisten potenziellen Kunden verloren. Eine schwer erträgliche Erkenntnis vor dem Hintergrund, dass der Konsument gerade „grünes Licht“ gegeben hat, Kunde zu werden. Grund dafür ist eine Mischung aus psychologischen und technischen Hürden.

Smartphones und Apps als willkommener Enabler

Smartphones und Apps haben diese Hürden wesentlich gesenkt. Hardware und Software sind einfacher und nutzerfreundlicher geworden. Und eine Registrierung ist in allen denkbaren Branchen und Anwendungsfällen selbstverständlich geworden. Die Bereitschaft, sich zu registrieren, hat zugenommen und der Widerstand von Konsumenten, ihre Daten einzugeben, ist gesunken. Dennoch bleibt der Prozess der Registrierung weiterhin ein Customer Touchpoint, der für einen First Class Service beim Customer Onboarding sehr wichtig ist.

Der Customer Onboarding Prozess

Es gibt keinen allgemein gültigen Prozess für das Customer Onboarding. Dieser ist von Fluggesellschaft zu Fluggesellschaft und von Reiseziel zu Reiseziel zwar ähnlich, aber im Detail doch unterschiedlich. Customer Onboarding ist auch von Branche zu Branche unterschiedlich.

Bevor es überhaupt mit der unternehmensspezifischen Gestaltung des Customer Onboarding Prozesses losgeht, gilt es, sich Ziele für das eigene Customer-Onboarding-Programm zu setzen. Dabei ist es wichtig, dass der Kunde bald ein Erfolgserlebnis erhält. Der Kunde muss das Angebot verstanden haben und Vertrauen in die Zusammenarbeit mit dem Anbieter bekommen. Anhand von diesen Zielen muss der Customer Onboarding Prozess skizziert werden. Dabei sind folgende Schritte eine gemeinsame Basis für das typische Customer Onboarding [5] [6] [7].

  1. Erste Interaktion: Die erste Interaktion ist ausschlaggebend für den Anfang der Kundenbeziehung. Daher ist es wichtig, die Erfolgskriterien zu verstehen und die erste Erfahrung für den Kunden so positiv wie möglich zu gestalten.
  2. Angebots- bzw. Produktübersicht: Die Demonstration des Angebots von Produkten und Dienstleistungen ist wieder ein sehr wichtiger Punkt im Customer Onboarding und kann durch Erklärungen, eine Serie von Schritt-für-Schritt-Videos oder eingebettete Präsentationen innerhalb des Produktes realisiert werden. Der Konsument soll dadurch zur eigenen Handlung bewegt werden.
  3. Produktindividualisierung: Inzwischen kennt der Konsument wahrscheinlich die Grundlagen der angefragten Produkte oder Dienstleistungen, allerdings nicht alle Details und Feinheiten. In diesem Schritt trägt die zuvor erfolgte Motivation des Interessenten, selber aktiv zu werden, Früchte. Der Konsument nutzt das angebotene Produkt, wenn es zum Beispiel eine Software-Lösung ist, zum ersten Mal selber. Oder der Konsument konfiguriert das Produkt oder Dienstleistungen individuell nach seinen Wünschen. Diese Aktivitäten müssen durch Hilfsmaterialien und Support unterstützt werden.
  4. Registrierung: Die Registrierung, gerne auch als Check-in bezeichnet, ist der erste starke Ausdruck von Interesse und der Beginn der Conversion. Damit diese erfolgreich ist, müssen weitere Probleme für den Interessenten identifiziert und so angesprochen oder gelöst werden, so dass jegliche Irritation bis zum Kauf oder Vertragsabschluss vermieden wird.
  5. Anfangserfolg: Aber der Registrierung gewinnen Produkt und Anbieter für den Konsumenten an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Wichtig ist ein gutes Timing in der Abfolge der Touchpoints. Wenn sich z. B. ein Konsument nicht mehr einloggt, dann ist es sinnvoll, ihm eine E-Mail mit der Frage zu schicken, was ihn vom Weitermachen abhält, ihm ein Hilfsangebot zu unterbreiten oder auch einen Anreiz zur Fortsetzung des Customer Onboarding zu geben.
  6. Antrag: Dieser Schritt ist mitunter mit der Registrierung verwoben, wenn zum Beispiel nach einer E-Mail-Adresse oder einer Altersangabe gefragt wird. Ausdruck des Antrags ist häufig auch ein „Warenkorb“, mit dem der Konsument zum Kunden werden will.
  7. Anforderung: Jetzt ist der Anbieter an der Reihe und stellt Fragen zum Antrag, indem etwa darum gebeten wird, die E-Mail-Adresse oder das Alter zu bestätigen. Bei kostenpflichtigen Produkten oder Services wird in diesem Schritt auch der Zahlungsweg abgefragt und festgelegt. Dazu kommt häufig die Anforderung, dass der Konsument die Widerrufsbelehrung und die Bestimmungen zum Datenschutz zur Kenntnis nimmt. Auf klassischen E-Commerce-Seiten ist in diesem Schritt der „Check-out“ oder „zur Kasse gehen“ enthalten.
  8. Bestätigung: Aus rechtlichen Gründen und damit Missverständnisse ausgeschlossen werden, ist immer auch eine Zusammenfassung der bisherigen Eingaben notwendig oder sinnvoll.
  9. Signing: Mitunter ist nur ein Klick, manchmal ist eine digitale Signatur notwendig. Der Konsument muss rechtsverbindlich eine Willenserklärung abgeben.
  10. Nutzung: Wenn der Konsument durch das Signing auch offiziell zum Kunden geworden ist, endet das Customer Onboarding. Aber nur im Prinzip. Durch guten Support oder die Übermittlung von Statusberichten kann die Kundenzufriedenheit sichergestellt werden. Der Kunde soll ja wieder kommen.

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Frage von Bedenkenträgern: Lässt sich wirklich alles digitalisieren?

Das Client Onboarding in zehn Schritten zu konzipieren erscheint machbar. Jedoch stellen Bedenkenträger schnell weitere kritische Fragen zum Digital Customer Onboarding:

  • Wie soll Customer Onboarding bei erklärungsbedürftigen Produkten digitalisiert werden?
  • Wie können Zusatzservices, also etwa eine Finanzierung oder eine Versicherung, online angeboten und rechtsverbindlich abgeschlossen werden?
  • Lässt sich eine notwendige, teilweise vom Gesetzgeber vorgeschriebene Identifikation des Kunden in einen digitalen Customer-Onboarding-Prozess integrieren?
  • Wie lassen sich notwendige Dritte, also etwa Anbieter von Bonitätsauskünften, so in das Customer Onboarding integrieren, dass der Prozess nicht unterbrochen wird?
  • Digital und online widerspricht der Schriftformerfordernis, z. B. bei Kreditverträgen – welche Lösung gibt es hierfür beim digitalen Customer Onboarding?

Einen Konsumenten interessieren diese Fragen nicht. Erwartet wird der gleiche Komfort, dieselbe Schnelligkeit und Flexibilität, wie er sie von vermeintlich „einfachen“ Transaktionen, also etwa der Flugbuchung, gewohnt ist. Der technologische Fortschritt, insbesondere die richtige IT-Struktur in Form von flexiblen SaaS-Komponenten, erlaubt Lösungen für diese kritischen Fragen, die alle Bedenken zerstreuen.

Beispiel einer digitalen Lösung für komplexe Sachverhalte

Digital Customer Onboarding funktioniert auch bei komplexen Konsumentenwünschen. Dabei hilft vorhandene und erprobte IT-Technologie, die afb erfolgreich in der Praxis einsetzt. Das zeigt folgendes Beispiel.

Clara-Marie, 27 Jahre alt, Doktorandin, zählt zur Generation der Digital Natives. Es ist Sonntag und sie hat endlich die Zeit, sich die richtige Küche für ihre neue Wohnung auszusuchen. Sie stört sich nicht daran, dass sonntags das Küchenstudio geschlossen ist, denn im Internet informiert sie sich ohnehin viel lieber.

Informationsphase

Natürlich beginnt Clara-Marie mit ihrer Recherche nach dem passenden Angebot im Internet, und zwar über ihr Smartphone, da sie gerade mit dem Zug unterwegs ist und die Zeit sinnvoll nutzen möchte.

Für Anbieter ist es also nicht ausreichend, im Internet mit Angeboten präsent zu sein: Die Angebote müssen auf allen Devices, vom Smartphone bis zum Widescreen, mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche und identischer User Experience präsentiert werden.

Schließlich ist Clara-Marie in der Nutzung ihrer Geräte flexibel und möchte, zu Hause angekommen, den Kaufprozess auf einem größeren Bildschirm fortführen. Daher empfiehlt es sich, den Wiedereinstieg beim gleichen Prozessschritt nach einer gewollten Unterbrechung zu ermöglichen, z. B. indem frühzeitig eine einfache Registrierung angeboten wird.

Produktpräsentation

Küchen können ganz schön kompliziert sein. Mit interaktiven 3D-Umsetzungen kann Clara-Marie die Module so zusammenbauen, dass sie in ihre Räume passen, ohne dabei CAD-Kenntnisse mitbringen zu müssen. Noch besser funktioniert das mit Virtual Reality, hier kann man gleich alles in den richtigen Dimensionen betrachten und auf sich wirken lassen.

Finanzierungswunsch

Eigentlich wollte Clara-Marie die Küche mit dem großzügigen Weihnachtsgeschenk ihrer Großeltern bar bezahlen. Aber die Traumküche, die sie sich mit dem Konfigurator zusammengestellt hat, ist teurer als gedacht. Aus der Enttäuschung erwächst Neugier, und so klickt sie auf das beispielhafte Finanzierungsangebot, das unter dem Komplettpreis auf ihrem Bildschirm erscheint. Aus der Neugier wird Interesse: Daher möchte die preisbewusste Doktorandin ein verbindliches Angebot für ihren Kredit einholen, denn eine allgemeine Referenzkalkulation hilft ihr an dieser Stelle nicht weiter.

Eine Software beispielsweise, in Form eines Intelligent Product Configuration & Calculation, erstellt automatisch ein individuell konfigurierbares Finanzierungsangebot. Außerdem können Finanzierungsrestriktionen über das Tool berücksichtigt werden. Chatbots in Form von Cognitive Robo Advisors helfen bei auftretenden Fragen rund um die Finanzierung.

Bonitätsprüfung

Für eine Finanzierung ist häufig eine Bonitätsprüfung notwendig, die automatisch durch Intelligent Decision Automation durchgeführt wird. In diesem Modul sind externe Auskünfte wie z. B. die SCHUFA in die Software der afb integriert. Damit wird Zeitverzug sowie die Anforderung von Dokumenten vermieden.

Identifikation

Im nächsten Schritt muss sich Clara-Marie, die Doktorandin, eindeutig als Clara-Marie, die Doktorandin, identifizieren. Allerdings hat sie keine Lust und Zeit, dafür extra zur Bank zu laufen oder mühsam und zeitintensiv die notwenigen Dokumente zusammenzustellen. Ein Ausweg heißt Online-Identifikation per Video-Ident-Verfahren. Denkbar ist auch die Nutzung der Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises, auch als eID-Funktion bezeichnet.

Jetzt muss die finanzierende Bank nur noch dem „Know your Customer“-Prinzip gerecht werden und ausschließen, dass Clara-Marie etwas Illegales im Schilde führt, indem sie interne oder externe Negativlisten (PEP und Sanktionslisten) direkt über den entsprechenden Data Service überprüft.

Digitale Unterschrift

Dass Clara-Marie noch unterschreiben muss, ist seit dem Inkrafttreten der eIDAS-Verordnung kein Grund, den Bestellprozess zu unterbrechen. Hierfür reicht eine qualifizierte elektronische Signatur, die in der Kombination von Internet-Browser und Zusendung einer TAN per SMS an ein Mobiltelefon schnell und einfach durchgeführt werden kann.

Und schon kann sich Clara-Marie auf die Anlieferung der perfekten Küche freuen, ohne jemals ein Küchenstudio oder eine Bank betreten zu haben …

Effizienz und Kundenerwartungen als Treiber für Customer Onboarding

Ist Customer Onboarding tatsächlich der Königsweg für Erfolg bei der digitalen Transformation, die gleichzeitig auch Kundenerwartungen erfüllt? Digital Customer Onboarding kanalisiert die positiven Kräfte der digitalen Transformation und Kundenorientierung in einen konkreten Aktionsplan.

Dieser Aktionsplan ist jedoch weniger ein Geniestreich, sondern vielmehr die Zusammenführung bekannter Erkenntnisse aus verschiedenen Themen. Es handelt sich um Erkenntnisse zu Inbound-Marketing, User Experience, Customer Relationship Management (CRM) und Serviceorientierung. Customer Onboarding nutzt Überschneidungen, die zwischen Digitalisierung und Kundenorientierung auftreten für den besonders wichtigen Prozess der Kundengewinnung (Unternehmenssicht) bzw. der Kundenwerdung (Konsumentensicht).

Ist der Königsweg nur Königen vorbehalten? Nein, er steht tatsächlich allen Unternehmen offen. Denn die Digitalisierung hat die frühen Customer Touchpoints fast aller Branchen in das Internet verlagert, sodass sich praktisch alle Unternehmen über eine Neugestaltung des Customer-Onboarding-Prozesses Gedanken machen müssen. Für Unternehmen, die ausschließlich über das Internet agieren (Internet Pure Player), ist Digital Customer Onboarding ohnehin existenziell; für Unternehmen mit einer Multi-Kanal- bzw. Omni-Channel-Strategie zur Kundenansprache ebenfalls. Aber auch alle anderen Unternehmen sind von der Digitalisierung betroffen und können von Investitionen in Customer Onboarding profitieren.

Die Realisierung des Digital Customer Onboarding ist nach dem heutigen Stand der IT auf jeden Fall möglich. Das gilt für einfache Vertragsabschlüsse ebenso wie für komplexe Transaktionen. Auch für Unternehmen, die im B2B-Markt aktiv sind, gibt es kein Entkommen, wie der Siegeszug der B2B-Marktplätze im Internet zeigt. Konsumenten sind maximale Einfachheit gewohnt und übertragen diese Erwartungshaltung auch in die komplexen Branchen. IT-Services ermöglichen es bereits jetzt, diese Erwartungen zu erfüllen.

Der Treiber für die Verbesserung des Digital Customer Onboardings ist eindeutig der technologische Fortschritt. Unternehmen müssen also ihre IT-Architektur so zukunftsorientiert aufstellen, dass technologische Innovationen schnellstmöglich integriert werden können.

Einen guten Einstieg in die Optimierung des Customer Onboarding durch die digitale Transformation der Geschäftsprozesse der Kundenwerdung gibt das neue White Paper „13 Tipps für das Digital Customer Onboarding“.

Quellen

1 Kothari, Amit, Tallyfy (2018): Definition – What is Customer Onboarding? tallyfy.com/definition-customer-onboarding/
2 Marous, Jim, The Financial Brand (2018): 21 Steps to Building a Killer Onboarding Strategy in Banking (27.08.2014), thefinancialbrand.com/41840/new-customer-onboarding-success-banking/
3 Mohanty, Deepak, Cognizant (2013): Efficient Client Onboarding: The Key to Empowering Banks, www.cognizant.com/InsightsWhitepapers/Efficient-Client-Onboarding-The-Key-to-Empowering-Banks.pdf
4 Hendricks, Rost & Cie (2017). „Überlebensfaktor Kundenorientierung: Wie Unternehmen die Digitalisierung meistern“ www.hrcie.com/nc/veroeffentlichungen/studie.html
5 Ramdas, Shreesha, Strikedeck: The Mechanics of Onboarding (28.06.2016), strikedeck.com/the-mechanics-of-onboarding/
6 Schroeder, Peter, northpass (2018): Six Steps to an Effective Customer Onboarding Program, www.northpass.com/blog/six-steps-to-an-effective-customer-onboarding-program
7 Hafeez, Samma,Thought Industries (2018): 7 Steps to the Perfect Customer Onboarding Program (13.06.2018), blog.thoughtindustries.com/new-blog/7-steps-to-the-perfect-customer-onboarding-program